Winterzeit ist Museumszeit. Wir empfehlen euch daher einen Besuch im Gropius Bau. Gezeigt wird dort aktuell das Werk Zanele Muholis – eines der meistgefeierten Fotografietalente unserer Zeit. 

© Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

© Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

Vom 26. November 2021 bis zum 13. März 2022 präsentiert der Gropius Bau die erste große Ausstellung Zanele Muholis in Deutschland. Muholi bezeichnet sich selbst als visuelle:r Aktivist:in und wurde in den frühen 2000er Jahren mit Fotografien bekannt, die Geschichten von Schwarzen Menschen des queeren Spektrums in Südafrika und darüber hinaus erzählen. Die Ausstellung im Gropius Bau zeigt die ganze Bandbreite von Muholis Schaffen und versammelt mehr als 200 Fotografien: von der ersten Werkreihe „Only Half the Picture“ bis zur aktuellen Serie „Somnyama Ngonyama“. Muholis Arbeiten befassen sich mit Sexualpolitik, rassistischer Gewalt, kommunalem Widerstand und Selbstbehauptung – und sind zugleich ein Akt der Sichtbarmachung, der Ermächtigung und des sozialen Aktivismus, der Stereotypen und den heteronormativen Blick in Frage stellt.

Yaya Mavundla, Parktown, Johannesburg, 2014 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

Yaya Mavundla, Parktown, Johannesburg, 2014 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

In den 1990er Jahren durchlief Südafrika einen tiefgreifenden sozialen und politischen Wandel. Die Post-Apartheid-Verfassung des Landes aus dem Jahr 1996 war die erste weltweit, die Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung verbot; trotzdem ist die LGBTQIA+-Community auch heute noch Gewalt und Verfolgung ausgesetzt. In der frühen Serie „Only Half the Picture“ fängt Muholi die Komplexität von Erfahrungen innerhalb der queeren Community ein: Momente der Liebe und Intimität stehen neben Bildern, die auf intensive, traumatische Ereignisse im Leben der Porträtierten eingehen. Anhand von Fotografien und zusätzlichen Dokumentationen unterstreicht die Ausstellung auch Muholis wichtige Rolle als Aktivist:in und Organisator:in: Muholi engagiert sich in kollektiven Initiativen sowie in der Medienarbeit und inspiriert jüngere Generationen zu einem Weg des Widerstands und der Hartnäckigkeit.

Comfort, 2003 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

Comfort, 2003 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

Stephanie Rosenthal, Direktorin des Gropius Bau: „Muholis Arbeit ist ein wichtiger Teil des Programms des Gropius Bau, das sich auf Ausdrucksformen von Fürsorge und Heilung, diversen künstlerischen Gemeinschaften und sozio-politischem Wandel gründet. Muholis Arbeit zeigt, wie Heilung, Empathie und Empowerment trotz kollektiver Traumata wirken können und wie Fotografie zugleich ein Mittel der Reparatur und des Aktivismus sein kann. Vor dem Hintergrund des Wandels in Post-Apartheid-Südafrika und der anhaltenden Diskriminierung der LGBTQIA+-Community feiert Muholi Schwarzes und queeres Leben.“

Ntozakhe II, Parktown, 2016 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

Ntozakhe II, Parktown, 2016 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

Ein Kernstück der Ausstellung ist Muholis visuelles Archiv von Porträts „Faces and Phases“ – ein Hauptwerk, das Schwarze Lesben, trans und gender-nonkonforme Personen würdigt und feiert. Alle Teilnehmenden blicken direkt in die Kamera und fordern die Betrachtenden auf, diesen Blick zu halten, während Dokumente individuelle Geschichten einfangen oder an Verstorbene erinnern. Die Ausstellung umfasst außerdem weitere wichtige Serien: „Brave Beauties“ zeigt nicht-binäre Menschen und Transfrauen, von denen viele Miss Gay-Schönheitswettbewerbe gewonnen haben. „Being“ ist eine Reihe zärtlicher Bilder von Paaren, in denen die gleichgeschlechtliche Liebe bejaht und gleichzeitig vorherrschende Stereotype und Tabus in Frage gestellt werden.  2012 begann Muholi mit der berühmten Serie dramatischer Selbstporträts unter dem Titel „Somnyama Ngonyama“ („Hail the Dark Lioness“ auf isiZulu), in denen Muholi verschiedene Posen, Charaktere und Archetypen annimmt, um Fragen nach race und Repräsentation zu verhandeln. Von Schwämmen und Latexhandschuhen bis hin zu Gummireifen und Kabelbindern – alltägliche Materialien werden in politisch aufgeladene Requisiten und Kostüme verwandelt. Die daraus resultierenden Bilder erforschen Themen wie Arbeit, Rassismus, Eurozentrismus sowie Sexualpolitik und kommentieren oft Ereignisse in der Geschichte Südafrikas sowie Muholis Erfahrungen als Schwarze, queere Person aus Südafrika auf Reisen im Ausland.

Bona, Charlottesville, 2015 © Zanele Muholi, erworben mit Mitteln des Africa Acquisitions Committee 2017

Bona, Charlottesville, 2015 © Zanele Muholi, erworben mit Mitteln des Africa Acquisitions Committee 2017

Biografie:

Zanele Muholi wurde in Umlazi, Durban, geboren und lebt in Umbumbulu. Muholi studierte am Market Photo Workshop in Johannesburg und an der Ryerson University in Toronto, Kanada. Muholi ist Mitbegründer:in des Forum for the Empowerment of Women und Gründer:in von Inkanyiso, einem Forum für queere und visuelle Medien, sowie Honorarprofessor:in an der Hochschule für Künste Bremen. Einzelausstellungen von Muholis Arbeiten wurden weltweit gezeigt, unter anderem im Goethe-Institut, Johannesburg (2012); Brooklyn Museum, New York (2015); Stedelijk Museum Amsterdam (2017); Autograph ABP, London (2017-) und Museo de Arte moderno de Buenos Aires (2018).

Muholi hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Lucie Humanitarian Award (2019), den 2019 Best Photography Book Award der Kraszna-Krausz Foundation für „Somnyama Ngonyama, Hail The Dark Lioness“, ein Stipendium der Royal Photographic Society UK (2018) und Frankreichs Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres (2017). Die Serie „Somnyama Ngonyama“ wurde auf der 58. Biennale von Venedig (2019) gezeigt, während „Faces and Phases“ auf der dOCUMENTA 13 (2012) und der 55. Biennale von Venedig (2013) zu sehen war und auf der Shortlist für den Deutsche Börse Photography Prize (2015) stand.

Mehr Info unter Gropius Bau.

Header-Fotos: Yaya Mavundla, Parktown, Johannesburg, 2014; Comfort, 2003; Ntozakhe II, Parktown, 2016 © Zanele Muholi mit Genehmigung der Künstler*in und Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York

 

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