Das „Experimentierfeld“ Käse beschränkt sich (in Berlin) mancherorts noch auf holländischen Gouda und ein bisschen Mozzarella- Gekrümel über die Tomaten. Berlin hat, als eine der neuen Food-Metropolen natürlich in Sachen Käsekultur schon längst aufgeholt. Das hat auch der ehemalige Jurist Fritz Blomeyer, selbst Reifer und Affineur erkannt, der sechs Jahre selbst in fünf Hofkäsereien gelernt hatte und dies auch gerne in Worte kleidet: „Als Jurist musste ich mir viel Käse anhören, jetzt vermarkte ich ihn lieber“, scherzt der gebürtige Wilmersdorfer. „Mit 6 Jahren habe ich mich schon mit einer Decke in den Volkspark Wilmersdorf gesetzt und habe meine Spielsachen verkauft, und mir dann die zu kaufen, die ich wollte. Ich hatte den Handel wohl schon früh im Blut.“ Und heute macht er in Käse – und das sehr erfolgreich. Denn er belegt eine Nische: denn bei Blomeyer gibt’s nur German Cheese! Und das hat sich herumgesprochen.
Aber zurück zu den Anfängen: Seine erste Käselern-Station war ganz archetypisch im Allgäu auf der „Alpe Sonnhalde“ im Oberallgäu in Oberstaufen; die Region Deutschlands, die am tiefsten verankert ist, in der Produktion von Hartkäse. Eine Schulfreundin hatte ihn auf die Idee gebracht. „Als ich dort einen Maurermeister traf der gerne „zum Atmen ohne Menschen“ in die Region kam und erzählte, dass seine 85-Jährige Mutter 25 km bis zur nächsten Dorfkäserei in Kauf nimmt, um guten Käse zu kaufen. Da kam der Entschluss – quasi die Initialschaltung – selbst in Hofkäsereien zu arbeiten. Und: das war sicher auch der erste Impuls für den späteren Käse-Handel. Der Käsefritz wusste schon früh, dass es in Deutschland diese wunderbare und facettierte Käsekultur gibt. Ich habe als Schüler auch schon Olivenölseife gemacht und bin immer wieder in Hofkäsereien gestolpert und habe mich gefragt: Ok, da stimmt was nicht. Ich wohne in der Hauptstadt und muss nach Hinteroberposemuckel fahren, um guten deutschen Käse zu finden.“ Ein guter Riecher! Und guter Käse muss – by the way- auch kräftig riechen dürfen.
Bis heute ist Fritz Blomeyer mit seiner zweiten Lernstation – dem urig gelegenen Capriolen Ziegenhof – einem Familienbetrieb in der Uckermark – eng verbunden. Die Tochter der Betreiber arbeitet mit ihm im Laden und berät die Kunden fachgerecht. Hatte sie die Milch und den Käse ja regelrecht mit der „Muttermilch“ eingesogen.
Und generell: Die Chemie zwischen Macher und Händler muss immer auch menschlich stimmen. Neben 150 Käsesorten von an die 20 Deutschland weit verstreuten Hofkäserein liegen cremige Schätzchen wie das gepfefferte Ärschle (Kuhkäse mit Madagaskarpfeffer), das Köhler Laibchen (Ziegenweichkäse) oder das Schwarzes Schaf mit Obstbaumasche in seiner üppig bestückten Vitrine. 2015 hat er seinen auf deutschen Käse spezialisierten Laden in Berlin Charlottenburg eröffnet und gilt mittlerweile als Koryphäe in Sachen German Cheese…- Pray-Love, wie es frech auf speziellen Schmuckkästchen zu lesen ist. Er gibt den Käsereien seine Reifezeitwünsche vor, verfeinert selbst und experimentiert bei Tastings neben der klassischen Kombinatorik mit Wein auch mit Whisky, Bier oder Sake. Fritz beliefert Spitzen-Gastronome. Seine Beratung ist komplex. Die Konsistenz geht von schmelzig bis kalkig im Kern oder gar Puck-artig. Attribute wie würzig, sauer oder samtig, einem eleganten Bitternoten-Abgang, das geborgene Umami, der kräutrig, karamellige oder gar animalische Anklang sind teilweise der Weinsprache nachempfunden. Der Geschmack einer Sorte sollte konstant sein und darf jahreszeitliche Nuancen aufweisen.
Rückblickend bemerkt der Käse-Umtriebige: „Ich hatte nie einen dogmatischen Bekehrungswillen zu lokalem Essen, aber ich war einfach baff in der Hauptstadt zu wohnen und im Restaurant nur Käseplatten aus Frankreich, Italien oder der Schweiz vorgesetzt zu bekommen – mit Deutschem Käse bin ich in Berlin nicht in Verbindung gekommen, bis ich meinen eigenen Laden eröffnet habe. Ich bin in 4 Käseläden gefahren um 3 Käse zu finden, die meinen Anspruch genügt haben“, trotzdem räumt er ein, dass es in Berlin natürlich auch tolle Italienische Käseanbieter und mindestens drei hervorragende französische Käse Spezialisten, gibt (davon ein anderes Mal mehr ….) , aber das sei eben ein anderes Jagdgebiet, wo der German Cheese Lover nicht „wildern“ wolle.
Ein Besuch bei Blomeyer´s in der Pestalozzistrasse 54 a ist eine Reise durch Deutschland. Aber zu beachten: richtig guter Hof-Käse ist ein SLOW Food Produkt, also nehmen Sie sich richtig viel Zeit dafür.
Öffnungszeiten Dienstag- Freitag : 12- 19 Uhr und Samstag 10-17 Uhr
Text und Fotos: Anke Sademann
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